Ich bin kriminell
Scheiße, sag ich hier gleich mal zum Anfang! Der Tag hat so gut angefangen, Alessandro hat mir viele Sachen erklärt und jetzt weiß ich genau, wie die meisten Sachen so funktionieren. Dann bin ich heute eine Stunde früher von der Arbeit los, denn ich mußte zur Bank, um meine Miete auf das Konto meiner Untervermieterin einzuzahlen. Überweisen von meinem deutschen Konto ging leider nicht, weil sie ihre internationale Bankverbindung nicht herausfinden konnte. Wobei ich mich frage, was daran so schwer sein kann.
Naja, egal dachte ich mir. So hab ich einen Grund früher Feierabend zu machen, und in die Stadt zu gehen. Auf meinem Weg in die Innenstadt musste ich eine ganze Menge Ampeln überqueren. Und da ich es eilig hatte, bin ich dann auch mal bei Rot gegangen. Genauso, wie der mir entgegenkommende Mann etwa 5 Sekunden vor mir. Ich hab auch schön nach links und rechts geschaut, und da war lediglich ein Auo ca. 200-300 Meter entfernt, was sehr langsam aus einer Seitenstraße herauskam. Tja, ungefähr 100 Meter nach meiner kriminellen Handlung wurde ich auch gleich von einem Polizeiwagen angehalten.
Ich wußte natürlich gleich, was er von mir wollte, habe mich aber als ganz unwissend ausgegeben. Meine absolut perfekte Ausrede war folgende: Die Ampelübergänge hier sind alle mit einem Zebrastreifen markiert. Und ich habe also erzählt, in Deutschland sei dies ja ein Zeichen, daß Fußgänger Vorrang hätten. Die Ampel hätte ich anscheinend übersehen, immerhin war ja auch nirgends ein Auto oder ähnliches in Reichweite. Der nette Polizist meinte darauf hin jedoch, er könne keine Ausrede gelten lassen, vor dem Gesetz sind alle gleich, Unwissenheit schützt vor Strafe nicht blablabla. Auf meine Nachfrage, wie viel das denn kosten werde, konnte er mir erstmal keine Auskunft geben. Zuerst mußte der Strafzettel ausgefüllt werden. Ich dachte mir so: "Naja, war ja nich sooo schlimm, kostet bestimmt 10,- oder 20,- Euro." Als er meinen Ausweis sah, war er auch gleich ganz interessiert, und fragte mich, wo denn Wismar sei. Ich erzählte ihm dann, daß ich da ja nur geboren und es eine schöne Stadt sei. Small-Talk-Geschwafel eben.
Als er alles aufgeschrieben hatte, schlug er dann mal im Bußgeldkatalog nach. Und jetzt kommt es - 45,- (in Worten fünfundvierzig!!!) Euro soll ich dafür zahlen! Ich sei ja noch gut dabei weggekommen, mit einem Fahrrad hätte mich das 60,- Euro, mit einem Auto ganze 150,- Euro gekostet. Auf meine Nachfrage, ob das so teuer sei, weil es eigentlich zwei Ampeln waren (siehe Bild), lachte er nur und meinte, dann wären es ja eigentlich sogar 90,- Euro. Sehr witzig. Naja, alle weiteren Beschwichtigungsversuche (Studentenrabatt, Ausländernachlaß, Belanglosigkeit, weil ja gar kein anderer Verkehrsteilnehmer in Gefahr war) waren leider erfolglos. Einzige Möglichkeit für mich, wäre eventuell das Bußgeld schriftlich anzufechten, teilte mir der nette Gesetzehüter abschließend mit.